Montag, 28. Februar 2011

Loneliness and alienation.

Badlands
(Terrence Malick, 1973)

Mitten im Präriestaat South Dakota, im Fort Dupree der 50er Jahre lernt der 25-jährige Kit (Martin Sheen), ein rebellischer Freigeist, die um zehn Jahre jüngere Holly (Sissy Spacek) kennen, die unter dem wachsamen und strengen Auge ihres alleinerziehenden Vaters (Warren Oates) aufwächst. Kit und Holly kommen sich näher, doch der herrische Vater versucht einen Keil zwischen die beiden zu treiben, woraufhin Kit ihn erschießt. Nachdem die beiden Verliebten die wichtigsten Besitztümer Hollys aus ihrem Vaterhaus gerettet haben, brennen sie die Überreste inklusive der Leiche nieder. Auf der Flucht vor ihrer Verantwortung verschlägt es sie auf eine Reise, die sie zuerst in bewaldete Gebiete Nordamerikas führt und sie später die weiten Felder der Prärie durchstreifen lässt bis es sie nach Montana verschlägt, flüchtend einerseits vor der zu tragenden Verantwortung, andererseits vor der Gesellschaft selbst, von der sich das Paar zunehmend entfremdet. Ein blutiger Streifzug durch den endlosen, kargen Norden der Vereinigten Staaten, gesteuert durch die eigene innere Leere und der Erkenntnis, nicht mehr in die regulierte, normierte Welt zu passen.

Noch dieses Jahr - voraussichtlich in Cannes - will Terrence Malick sein neuestes Werk, seinen bis dato fünften Spielfilm erstmals zur Schau stellen. "The Tree of Life", so der Titel der heißerwarteten Produktion, leitet scheinbar eine kreative und produktive Phase des Regisseurs ein, denn sein nächstes Projekt befindet sich ebenfalls bereits in der Post-Production. Damit dürfte das laufende Jahrzehnt das erste seit den 1970ern sein, in denen Malick zweimal den Weg ins Kino findet. Zusammen mit dem 1978 erschienenen "Days of Heaven", einer zauberhaft gefilmten Romanze zu Beginn des Industriezeitalters, bildet "Badlands", Malicks erster Spielfilm, das Duo des besagten Jahrzehnts. Interessant ist, dass die beiden Erstlingswerke in ihren Motiven den späteren Filmen Malicks durchaus ähneln, so findet sich wiederholt eine Huldigung der Natur oder gar eine Ode ans Leben, das Streben nach Freiheit und der Facettenreichtum der Liebe, doch sowohl technisch als auch narrativ differieren die Früh- und die Spätwerke stark. Besonders der Schnitt und damit verbunden der Erzählstil haben sich über die Jahre weiterentwickelt. Während "Badlands" und "Days of Heaven" vollkommen chronologisch laufen, ohne sich Rückblenden zu bedienen, setzen "The Thin Red Line" und "The New World" auf elliptische, ineinander verwobene Erzählstränge.
Charakteristikum Malicks:
Scheinbar endlose Felder
Bereits in "Badlands" verarbeitete Malick eines seiner liebsten Motive: Den Ausbruch aus der momentanen Situation zur Erlangung der Ungebundenheit, der vollkommenen Libertät. Als Auslöser dieser plötzlichen Handlung, dieses impulsiven Herumreißens des Steuers dient wie so oft die Beziehung der beiden Hauptfiguren. Beeindruckend jedoch ist, dass Malick uns den Blick in die Psyche der Charaktere nimmt, selbst das von ihm meist so eindrucksvoll poetisch genutzte Erzählen via Voice-over dient hier mehr als Mittel zum Zweck, und findet nicht wie in seinen späteren Werken Verwendung als Anstoß zum philosophischen Gedanken beim Rezipienten. Hier jedoch verzichtet Malick bewusst auf die charakterliche Tiefe, um die innere Leere seiner Figuren auszudrücken. Selbst die von ihnen begangenen Morde scheinen sie nicht aus der Bahn zu werfen, nein, sie scheinen sie nicht einmal zu beschäftigen. Sie sind zwei verlorene, vereinsamte Seelen, die einander gefunden haben und ihren Weg, ihr Streben nach Freiheit, gemeinsam fortsetzen. Und wie ließe sich dies imponierender ausdrücken als durch die scheinbar endlosen Felder der Prärie?

Faszinierend ist auch, dass Malick das spontane und überaus brutale Handeln Kits und Hollys nie als Konsequenz einer psychischen Störung begründet, sondern seine beiden Hauptfiguren als kerngesund präsentiert. Er erklärt dadurch, dass das Aufsuchen der Einsamkeit und der Lustlosigkeit keineswegs auf eine psychische Krankheit zurückzuführen ist, sondern eine natürliche Facette des  menschlichen Lebens bildet. Und auf mir unbegreifliche Weise gelingt es Malick mit limitiertem Budget selbst in seinem Erstlingswerk "Badlands" in seinen pittoresken Bildern Gefühle auszudrücken, für die kein Dialog je die richtigen Wörter finden könnte.

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