Freitag, 18. Februar 2011

You Freud, me Jane?

Marnie
(Alfred Hitchcock, 1964)

Nach einem erfolgreichen Diebstahl gelingt es der krankhaften Kleptomanin Marnie Edgar (Tippi Hedren) mit der Beute zu entkommen. Es ist nicht ihr erster Diebstahl gewesen, schon einige Male zuvor ist es ihr gelungen, ohne Referenzen als Sekretärin in verschiedensten Firmen eingestellt zu werden, um in einem Moment der Unachtsamkeit das Vertrauen ihrer Vorgesetzten zu missbrauchen und das, im Tresor verwahrte, Geld einzusacken. Der verwitwete Verleger Mark Rutland (Sean Connery) ist ein treuer Kunde des jüngsten Opfers der zwanghaften Diebin und wird durch diesen Umstand und das Verbrechen auf die Kriminelle aufmerksam gemacht. Kurze Zeit später meldet sich in seinem Verlagshaus eine graziöse, junge Frau zum Vorstellungsgespräch für einen freigewordenen Posten als Sekretärin. Rutland erkennt die Diebin wieder, entlarvt sie jedoch nicht als Kriminelle, sondern stellt sie trotz fehlender Referenzen und mangelnder Erfahrung aus purer Faszination bei sich ein. Trotz ihrer Vergangenheit fühlt sich Rutland zu seiner neuen Angestellten hingezogen, entwickelt schon früh eine Affektion, die jedoch von seinem Gegenüber nicht erwidert wird. Dennoch lernt  er Marnie ein wenig kennen, bemerkt, dass sie eine anormale Angst vor Stürmen und bestimmten Farben empfindet und in ihrer Frigidität eine starke Ablehnung gegenüber Männern hegt, die seine persönliche Zuneigung zu ihr jedoch nicht schwächt. Als auch er den Tresor seiner Firma geplündert auffindet und von seiner neuen Sekretärin jede Spur fehlt, macht er sich auf die Suche nach ihr, geleitet von seiner Begeisterung für die mysteriöse Kleptomanin.

Es ist kein Geheimnis, dass Hitchcock ein Faible für Freuds Psychoanalyse  und Theorien empfand, und dies bereits ab den 40ern in sein Werk einfließen ließ, am gelungensten wohl in "Vertigo" und "Psycho", am deutlichsten wohl in "Spellbound" oder eben auch in "Marnie". Selbst für Hitchcocks Verhältnisse ist die Betonung der Maskulinität der blonden Heldin in "Marnie" außergewöhnlich ausgeprägt, das klischeebehaftete Geschlechterbild dadurch aus den Angeln hebend. Der Grund für das frigide Sein der weiblichen Hauptfigur findet sich ihrer Kindheit, in einem Trauma, ausgelöst durch ein einschneidenes Erlebnis, demonstrativ an Freud angelehnt. Es geht sogar so weit, dass Rutland Marnie in einer Szene darum bittet, sich von ihm analysieren zu lassen, um sich ihm in Form von freier Assoziation auszuschütten. Zynisch entgegnet ihm Marnie, "You Freud, me Jane?", einerseits auf den Psychoanalytiker und andererseits auf "Tarzan" anspielend, wo die zerbrechliche, ängstliche Heldin den Namen "Jane" trägt. Der Zynismus ist  hier zwar durch einen Charakter an das Geschehen angelehnt, jedoch lässt er sich auch auf den Film selbst anwenden, denn Hitchcocks "Marnie" verfährt sich während seiner Laufzeit zunehmend in den Freud'schen Ansätzen, und porträtiert einen traumatisierten Menschen nach psychologisch längst überholten Maßstäben.

Untypisch für Hitchcock ist auch, wie schwer es ihm in "Marnie"  trotz zahlreicher Versuche fällt, Spannung aufzubauen. Besonders in Anbetracht seines ein Jahr zuvor erschienenen "Die Vögel" wirkt "Marnie" einfallslos und äußerst holprig in seiner Erzählung und seinem Spannungsaufbau. Natürlich muss man sich dessen bewusst sein, dass Hitchcock mit letzterem einen etwas anderen Weg einschlagen, sich einem anderen Erzählstil zuwenden wollte, dennoch ändert dies nichts daran, dass selbst die filmtechnischen Mittel, die Hitchcock in "Marnie" einsetzte, nicht einmal den damaligen Normen entsprachen, man nehme die Reitszene oder auch den deutlich erkennbar aufgemalten Hintergrund des Szenenbilds in einigen Sequenzen, um nur wenige Beispiele zu nennen.

Die Beute unterm Arm -
Die erste Einstellung in "Marnie"
Und trotzdem hat auch "Marnie" seine Hitchcock'schen Momente, so rar gesät sie auch sein mögen. Zum Beispiel die erste Einstellung des Films, in der man eine nicht erkennbare Frau mit einer Geldbörse unter dem Arm auf einen Bahnhof schreiten sieht. Es folgt ein Schnitt und das einleitende Wort des Films: "Robbed!". Quasi eine freie Assoziation zur direkt zuvor präsentierten Einstellung. Auch das Darstellerensemble macht seine Sache gut, allen voran Connery, der in seiner Rolle regelrecht aufgeht, und auch die ansonsten sehr blasse Tippi Hedren, die selten Akzente zu setzen weiß, spielt in "Marnie" groß auf. Am Gesamtbild ändert dies jedoch wenig, denn "Marnie" zählt unweigerlich zu den schwächsten Werken Hitchcocks, zu verbissen versucht er ein psychologisches Portrait zu schaffen, nimmt dem Film phasenweise den Schwung und präsentiert uns ein Ende, das sich bereits viel zu früh abzeichnet.

12 Kommentare:

  1. Es stört dich doch hoffentlich nicht, dass ich mich im April oder Mai mit einem sich schon in der Pipeline befindenden Eintrag heftigst gegen eure hinterhältigen Versuche, aus meinem Lieblings-Hitchcock einen eher schwachen Film zu machen, zur Wehr setzen werde. Meine Besprechungen sind eh so lang, dass sie keine Sau liest. ;) - Übrigens: Bereits "Spellbound" (1945) ist ganz auf Freud hin gemacht; schade, dass Dalí dort nicht alle seine "Traum"-Ideen verwirklichen durfte!

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  2. Nein, stört mich keineswegs. Diskussionsstoff ist immer gut ;) Und gelesen wird sowieso alles! Danke für die Erinnerung an "Spellbound", wäre mir beinahe entfallen, dass der ebenfalls ein Werk Hitchcocks ist. Ja, da kann ich dir nur zustimmen, hätte mir dort auch ein wenig mehr Freiheit für Dalí gewünscht...

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  3. Ich dagegen hätte mir gewünscht, dass Hitchcock für SPELLBOUND einen besseren Trickspezialisten engagiert hätte. Dali hin oder her, diese Rückprojektion bei der Skifahrt sieht einfach peinlich schlecht aus ...

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  4. @Manfred: Gerade solche Nachlässigkeiten werden Hitchcock oft zum Vorwurf gemacht, etwa auch die Autofahrt in "North by Northwest" (1959). Und "Marnie" hat in dieser Hinsicht ja allerhand zu bieten. ;) - Es scheint mir nur gelegentlich, es handle sich gar nicht um Nachlässigkeiten, sondern um Versuche, den Seelenzustand einer Figur wiederzugeben (eine Ausrede, mit der man jedoch etwa bei "Family Plot", 1976, sicher nicht mehr kommen kann).

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  5. Was habt ihr denn bloß alle gegen die Rückprojektion? Das ist doch eine wunderbare Wiedergabe künstlichen filmischen Raumes. Schließlich hat Film ja nicht die Aufgabe Realität abzubilden. Insofern finde ich Whoknows Einwurf über den inneren Seelenzustand als mögliche Interpretation sehr interessant.

    @ Samsa

    Deine Kritikpunkte zu MARNIE bzgl. der Psychologisierung kann ich gut verstehen. Allerdings störte mich weniger, dass es sich um überholte Konzepte handelt, sondern eher, dass sie schlicht naiv oder sogar falsch angewendet wurden. Das hat mich sogar mal zu einer sehr harschen Aussage über MARNIE veranlasst. Aber dann musste ich begreifen, dass meine oben getätigte Aussage über "Realität im Film" natürlich auch für die Darstellung der Psychogenese gilt und ein Künstler natürlich jedes Recht der Welt hat, die Dinge erst mal in seinem Sinne darzustellen. Auch wenn ich das dann hinterher anders sehe, darf ich ihn wegen dieser Vorgehensweise nicht kritisieren.

    Meine letzte Betrachtung von MARBIE liegt jetzt schon 7 Jahre zurück. Würde mich ja sehr interessieren, wie er heute wirken würde, aber bis wir dahin gekommen sind, dauert es wohl noch etwas.:(

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  6. Ich hab ja nichts Grundsätzliches gegen Rückprojektion, aber wenn sie so schlecht gemacht sind wie bei Hitchcock, dann wird der künstliche Raum nicht einbezogen, sondern ganz im Gegenteil ausgegrenzt. Da sieht man nicht Gregory Peck, der in Hypnose in seine Vergangenheit eintaucht, sondern man sieht Gregory Peck, der in Skiern im Studio steht, und hinter ihm wird etwas auf eine Leinwand projiziert. Und wie Whoknows schon andeutete, ist das nicht auf "Psycho-Szenen" beschränkt, sondern gilt auch für ganz banale Dinge wie Autofahrten. Natürlich waren Rückprojektionen dafür allgemein üblich, um Zeit und Geld zu sparen, aber kaum ein Regisseur der ersten Kategorie war dabei so schlampig wie Hitchcock.

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  7. Hmm, da habe ich dann doch ein etwas anderes Verständnis vom künstlichen filmischen Raum. Deine Argumentation, Manfred, geht ja in die Richtung, als gebe es die Maßstäbe nach denen die richtige Rückprojektion zu funktionieren habe. Nun, die gibt es natürlich, aber diese richten sich ja mehr nach dem komplexen wahrnehmungspsychologischen Zusammenspiel aus Winkel, Abstand der Objekte, Raumtiefe, Farbunterschiede, kognitiver Verarbeitung und "suspension of disbelief". Es geht dann weniger darum die Künstlichkeit des Filmes gewahr zu machen, sondern eben die Rückpro in den Dienst einer funktionierenden künstlerischen Illusion zu stellen. Wenn mir die Rückpro aber "ins Auge springt" erhält sie doch eine eigene künstliche Kraft, erhält ein zu interpretierendes Eigenleben, weil sie sich vom inhaltlichen Kontext der literarischen Ebene - den Figuren, ihren Dialogen, dem Geschehnissen innerhalb der Szene auf Drehbuchebene - entfernt. Diese daraus resultierenden Segmentierungen sorgen zwar dafür, dass ich aus der Filmillusion falle, doch fordern sie damit gleichzeitig eine Auseinandersetzung auf einer anderen künstlerischen Ebene der Wahrnehmung und kognitiven Verarbeitung, über die eine Rückführung in die Filmillusion wieder möglich ist.

    Aber jetzt wird's ideologisch. Ich möchte niemandem vorschreiben, wie er Filme zu sehen hat. :)

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  8. @ Der Außenseiter:

    Ja, die unangenehme Naivität und Falschheit der psychologischen Darstellung lässt sich ebenfalls kaum verschweigen, allerdings muss ich dir bezüglich der Realität im Film widersprechen, zumindest zum Teil. In "Marnie" setzt Hitchcock meines Erachtens zu sehr darauf, eine Charakterstudie nach bestehenden psychologischen Ansätzen zu inszenieren, versucht dazu eine gewisse Realitätsnahe zu schaffen, was ihm allerdings nicht gelingt. Natürlich lässt sich streiten, inwiefern Tippi Hedrens Rolle realitätsnah ist, denn ihre Neurosen sind keineswegs "normal", doch "Marnie" ist auch keineswegs als Charakterstudie eines psychisch gesunden Menschen konzipiert. Ganz im Gegenteil, denn ganz nach der Definition Freuds wird versucht einen, nach Freuds Definition, neurotischen Menschen zu heilen. Dass ein Film keineswegs die Realität wiederzugeben hat, steht außer Frage, diese künstlerische Freiheit muss gewährleistet sein, doch eine Charakterstudie, die "Marnie" zu sein versucht, setzt zumindest eine vielschichtigere Behandlung des Themas voraus. David Lynch zum Beispiel ist auch jemand, der sich gerne an Freuds Theorien anlehnt, dies jedoch anders angeht. Am plakativsten wohl in "Blue Velvet", der sich zweifellos einer überzeichneten Darstellung bedient, diese jedoch in dieser Version einer Charakterstudie essentiell ist, und eben diese vorantreibt.

    bezüglich Rückprojektionen:
    Ich verstehe da beide Ansichten und stehe dem ganzen eher zwiespältig gegenüber. Hitchcock hat tatsächlich einige sehr holprige, auf dieser Technik basierende Szenen in seine Filme inkludiert und, wie Whoknows bereits erwähnt hat, finden sich auch in "Marnie" einige Extremfälle, man nehme die Reitszene als Beispiel. Allerdings kann ich den Punkt des "interpretierenden Eigenlebens" durchaus nachvollziehen, jedoch lässt sich dies nur auf eine selektierte, sich dieser Technik bedienende Anzahl von Filmen projizieren. Um beim Schifahren zu bleiben, nehme man die allseits bekannte Verfolgungsjagd in "James Bond - The Spy Who Loved Me" (1977) als Beispiel, wo Roger Moore seine Wedelfähigkeiten im Studio unter Beweis stellte, während man in den Totalen sein Double Rick Sylvester bewundern durfte ;) Einer Szene wie dieser ein interpretierends Eigenleben zuzusprechen wäre in meinen Augen fatal, egal wie sehr es sich vom Kontext abhebt. Und leider ist es Tatsache, dass Rückprojektionen vielerorts auch verwendet wurden, um die Arbeit mit Doubles zu vereinfachen, jedoch gleichzeitig die Illusion zu wahren, dass ein solches nicht eingesetzt wurde. Wie man Hitchcocks Verwendung jenes Mittels gegenübersteht, ist natürlich jedem selbst überlassen, ich kann mich da schwer festlegen.

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  9. Ihr seid gemein: Da nehme ich mir fest vor, meine Besprechung erst nach meinem Urlaub zu bringen - und jetzt seziert ihr mir meine "Marnie" schon bis ins Detail! ;)

    @Samsa: Nur zwei "Gluschtigmacherli" (= dich in Erwartungshaltung versetzende Nichtigkeiten) auf meinen Text, den Der Außenseiter aus längst vergangenen Zeiten kennt:

    1. Kann Marnie in einer Welt voller in sich brüchiger Gestalten gesunden? Geht es also letztlich wirklich nur um die Anwendung der Freud'schen Methoden auf EINEN kranken Menschen? (Hitchcock erwähnte übrigens gegenüber Truffaut, er habe die im Roman ausführlich geschilderten "psychiatrischen" Sitzungen mit Mark auf die eine berühmte Nacht verdichten müssen.)

    2. Könnte es sich bei der von dir erwähnten Reitszene um den Versuch handeln, dem Zuschauer ein Gefühl von Schweben zu vermitteln, das einzige befreiende Erlebnis in einem Traum, den er zusammen mit Marnie träumt?

    Mehr sage ich jetzt nicht; sonst stelle ich hier meinen gesamten verzweifelten Versuch rein, das arme Ding zu rehabilitieren. :)

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  10. @Whoknows:
    Bin schon jetzt gespannt auf deine Besprechung :)

    1. Genau der Gedanke der Anwendung auf "EINEN kranken Menschen" hat mich auch beschäftigt. Doch ganz ehrlich, alleine die Figurenkonstellation macht ein derartiges Argument für mich unmöglich. Die (wenn anfangs auch einseitige) emotionale Affektion zwischen den beiden Hauptfiguren, macht es für mich unmöglich, das ganze als Parabel zu verstehen. Gerade bei Freud, der in seiner Psychoanalyse passiv agiert hat, den Fokus aufs Zuhören gelegt hat, und einen emotionale Neutralität zu seinen Patienten zu wahren versucht hat. Aber vielleicht täusche ich mich ja, bin auf jeden Fall gespannt auf deine Besprechung!

    2. Würde ich ebenfalls eher verneinen, da Hitchcock die Rückblenden in diesem Fall zu pointiert einsetzt. Wenn ich mich recht erinnere setzt er in dieser Montage auf Zwischenschnitte, wechselt wiederholt in die Totale, sodass ein Gefühl des Schwebens in meinen Augen nur bedingt entsteht. Allerdings gefällt mir der Ansatz, wäre mir selbst bei meiner Sichtung gar nicht aufgefallen, dass man das auch so deuten könnte.

    Wie gesagt, bin schon sehr gespannt, was an Interpretatorischem in deiner Besprechung noch so aus dem Hut zaubern wirst ;)

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  11. "In "Marnie" setzt Hitchcock meines Erachtens zu sehr darauf, eine Charakterstudie nach bestehenden psychologischen Ansätzen zu inszenieren..."

    Exakt über diesen Punkt kam ich auch nicht hinweg und deshalb ist der Film für mich wohl damals so gescheitert. Ich bin einfach mal gespannt wie er heute auf mich wirken würde, aber dafür gibt es immo zu viele andere Filme. Diesbezüglich auf jeden Fall absolute Zustimmung.

    "Ganz im Gegenteil, denn ganz nach der Definition Freuds wird versucht einen, nach Freuds Definition, neurotischen Menschen zu heilen."

    Könntest Du das noch etwas ausführen? Der Film ist mir kaum noch in Erinnerung und da würde ich gerne noch mal auf die Spur kommen.

    "Um beim Schifahren zu bleiben, nehme man die allseits bekannte Verfolgungsjagd in "James Bond - The Spy Who Loved Me" (1977) als Beispiel, wo Roger Moore seine Wedelfähigkeiten im Studio unter Beweis stellte, während man in den Totalen sein Double Rick Sylvester bewundern durfte"

    Im Kino wirkte das gar nicht so erkennbar. Das ergibt sich eigentlich mehr auf dem Fernseher. Tatsächlich ist es dann aber auch da so, dass die Rückpro mich veranlasst mehr das Minenspiel von Moore (sein Augenliedhebermuskel ergibt mit seinem Lächeln diese unvergleichliche Süffisanz) und seine gleichförmigen Bewegungen zu beobachten, die mir die Anmut Bonds bei der Abfahrt in einem Maße verdeutlichen, die ich mir in der Realität oder einer Nicht-Rückpro-Darstellung eben nicht verdeutlichen kann, wenn jemand den Hang 'runtersaust. Genau da ergibt sich auch wieder mein Prinzip von der Künstlichkeit des filmischen Raumes.

    Und zur Affektion: Die wahr für Freud doch zentral in der Entwicklung von Konflikten. Schließlich war er Neurologe. Die Bloßlegung solcher Konflikte musste über passives Zuhören geschehen, damit sich nicht eine Re-Inszenierung des Konfliktgeschehens mit all seinen Konflikten ergab. Insofern als Parabel doch recht plausibel es für den Zuschauer durch Interaktion geschehen/erleben zu lassen. Aber das nur als Anmerkung. Habe den Film, wie gesagt, dafür nicht mehr frisch genug.

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  12. @ Der Außenseiter
    "Könntest Du das noch etwas ausführen? Der Film ist mir kaum noch in Erinnerung und da würde ich gerne noch mal auf die Spur kommen."

    Bezüglich der typisch Freud'schen Darstellung und Behandlung der Neurose hab ich auf die Schnelle leider kein Originalzitat vorliegen, kann mich allerdings auf den wiki-Artikel zu "Neurose" beziehen, wo geschrieben steht:

    "Seit Sigmund Freud wird [unter einer Neurose] [...] eine leichtgradige psychische Störung verstanden, die durch einen Konflikt verursacht wird."

    Hitchcock lehnt sich an Freuds Definition ganz deutlich an, auch wenn Marnie den Konflikt, ihr traumatisches Erlebnis verdrängt hat. Außerdem präsentiert Hitchcock den Umgang des Analytikers (Rutland) mit der Patientin (Marnie) ebenfalls sehr freudianisch: Er lässt Marnie ihren Freiraum und lässt sie frei sprechen, während er weitgehend passiv agiert, aufs Zuhören fokussierend.

    Bei der "Affektion" bezog ich mich auch eher darauf, dass eine emotionale Involviertheit des Psychiaters zum Patienten für Freud untypisch ist, und der Film deshalb für mich als derartige Parabel nur schwer funktioniert. Eher funktioniert er für mich noch als Appell, dazu aufrufend, seinem Partner in einer Beziehung mehr zuzuhören, weniger jedoch zur Heilung eines psychisch kranken Menschen auffordernd. Aber vielleicht seh' ich auch den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Wer weiß ;)

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