Freitag, 11. Mai 2012

Die Faulheit war stark, die Matura noch stärker.

Ich weiß, ihr habt es satt von meinen Matura- bzw. Abiturstrapazen zu lesen, aber die letzten Monate waren abermals nicht von schlechten Eltern. Mit der heutigen Mathe-Matura habe ich den schriftlichen Part hinter mir gelassen, womit die größte Last schon einmal von den Schultern gefallen ist.

Natürlich werde ich hier auch noch meine Fachbereichsarbeit zu David Lynchs "Eraserhead" veröffentlichen, allerdings wird man sich dafür noch bis Juli gedulden müssen, damit ich da keine Scherereien habe bezüglich Recherchearbeiten.

Bisweilen kann ich nur mit meinem ersten - unter meinem Namen veröffentlichten - Filmessay dienen. Über Jim Jarmuschs "Dead Man" habe ich geschrieben, und es würde mich freuen, falls sich der ein oder andere Leser findet.

Ich melde mich hier die nächsten Tage wieder zurück - ich weiß das sag', ich jedes Mal - um eine Kleinigkeit zu veröffentlichen.

Bis dahin: Danke an alle, die treu geblieben sind, und Entschuldigung.

Mittwoch, 22. Februar 2012

Devotion, Drawbacks, Void.

Blue Valentine
(Derek Cianfrance, 2010)

Beim Ehepaar Dean (Ryan Gosling), einem Maler, und Cindy (Michelle Williams), einer Krankenschwester, trafen einst konträre Welten aufeinander. Zusammen haben sie nun eine kleine Tochter, leben außerhalb der Stadt und führen ein einfaches Leben. Als der familiäre Hund Meagan entläuft und nach zuerst erfolgloser Suche von Cindy auf dem Nachhauseweg, tot am Straßenrand liegend, entdeckt wird, gerät die ohnehin brüchige Beziehung weiter ins Wanken. Dean und Cindy suchen die gemeinsame Zeit und bringen ihre Tochter zu Cindys Eltern, um für einen Abend alleine zu sein. Sie versuchen das wiederzufinden, was sie einst zueinander geführt hat, in einer Zeit vor jeglichen Verpflichtungen, vor jeglichem Erwartungsdruck, einer Zeit der Unbeschwertheit und Unschuld. Doch in getrauter Zweisamkeit offenbaren sich noch größere Abgründe, Worte werden missverstanden, Handlungen fehlinterpretiert, Einstellungen und Motivationen divergieren und zeigen, wie wackelig die Basis ihrer Beziehung tatsächlich ist.

Es ist bezeichnend, dass die ehrlichsten und gleichermaßen ergreifendsten amerikanischen Filme der letzten Jahre meist kleine Independent-Produktionen sind, die mit geringen Budget, kleinem Aufwand und einem oftmals herausragenden Drehbuch die Programmkinos rund um die Welt füllen. Besonders die Filme der Mumblecore-Bewegung rund um Andrew Bujalski und die Brüder Duplass, welche mit meist verwackelten Handkamera-Aufnahmen, einem Hang zur Verwendung des optischen Zooms und charakterzentrierten Skripts einen gewissen filmischen Naturalismus anzustreben versuchen. Die Filme sind in puncto Bildsprache und Ästhetik weniger ambitioniert, versuchen jedoch eine beinahe dokumentarische Atmosphäre zu schaffen, die es ihnen ermöglicht, realitätsnahe, kleine Filme in die Kinos zu bringen. Auch wenn man "Blue Valentine" von Derek Cianfrance nicht zur Mumblecore-Bewegung zählt, zeigen sich starke Ähnlichkeiten, jedoch schleicht sich auch eine sehr eindrucksvolle ästhetische Komponente ein. Dennoch, der Fokus liegt auch in "Blue Valentine" auf den Charakteren, die wahrheitsgetreuer kaum sein könnten.

Eine brüchige Beziehung steht im Vordergrund, von ihren Ursprüngen wissen wir zu Beginn nichts, doch der Tod des Haustieres scheint eine Lawine von schmerzlichen Erkenntnissen loszutreten. Dean wirft Cindy vor, das Gartentor nicht geschlossen, und somit den Tod des Hundes verschuldet zu haben. Dennoch begräbt er den Hund, und bricht im Anschluss am Küchentisch weinend zusammen. Seine Tochter schützt er vor der Wahrheit, überspielt seine Trauer ihr gegenüber mit kindlichem Benehmen und versucht Cindy zu überreden, den Tag gemeinsam zu verbringen. Doch der gemeinsame Abend wird zum Fiasko. Aus dem geplanten, kinderlosen Beisammensein zum Sex, wird eine Offenbarung für beide. Deans Annäherungen werden von Cindy kalt zurückgestoßen, zum Ausleben der Lust kommt es nicht, doch in einem Gespräch während des Essens kommt es zu einer Grundsatzdiskussion über verschenktes Potenzial, die Prioritäten der beiden und je länger der Abend dauert, desto mehr eskaliert die Situation.
In Rückblicken erfahren wir vom ersten Treffen der beiden, sehen sie tanzen, die Unbeschwertheit genießen, und selbst als es ernst wird, bleiben wir in einer heilen Welt, die Cianfrance wundervoll in warmen Bildern einfängt, während das Geschehen der Gegenwart weitgehend in düsteren, kalten Farben gehalten wird. Eine Art Überleitung findet sich in der Szene im Bus, wo die Dunkelheit des Tunnels, den sie durchqueren, als Vorschau für das fungiert, was auf die beiden zukommt. Ähnliches gilt für die Szenen in Cindys Elternhaus, die ebenfalls spannungsgeladen wirken, und ein nur nach außen hin heiles Heim präsentieren.

Welcher Wert in "Blue Valentine" auf dem Drehbuch liegt, zeigt sich bereits in der Szene, als Cindy und Dean vom Einkaufen nach Hause fahren, und Cindy sich erst nach langem Überlegen dazu entscheidet, Dean davon zu erzählen, dass sie ihren Jugendschwarm im Geschäft wiedergesehen hat. Als Dean darauf sichtlich gereizt reagiert, fügt sie lügend hinzu, dass ihr Schwarm ohnehin nicht gut ausgesehen habe und dick geworden sei, was die Situation weiter verschlechtert. Dean versteht nicht, warum ihn die Tatsache, dass Cindys Exfreund ein "Loser" geworden sei, interessieren solle. Zur Versöhnung streckt Cindy ihre Hand nach ihrem Mann, doch er weicht aus. Auch hier entbrennt ein Streit, der sich in jeder Szene sichtbar fortsetzt. Bei jeder Handlung, jedem gesprochenen Wort hängt der Zuseher an der Betonung, an der Bedeutung, während die Charaktere sich gegenseitig bekriegen, teils wegen Nichtigkeiten, meist jedoch aufgrund ihrer Beziehung, die zu schlagartig entstanden ist, und deren Basis aufgrund der Tatsache, dass sich die beiden damals kaum kannten, nun kaum Gemeinsamkeiten teilen, praktisch nicht besteht.

Derek Cianfrances "Blue Valentine" ist eine jener Perlen des amerikanischen Independent-Kinos, die so erschütternd ehrlich und realistisch sind, dass man sich selbst zu beängstigenden Anteilen in den Figuren wiederentdeckt. Man wünscht sich mehr Filme dieser Sorte, doch es ist schon beruhigend zu wissen, dass Ausnahmeschauspieler wie Ryan Gosling und Michelle Williams sich bereit erklären, an Produktionen wie jener mitzuwirken, denn so erfahren diese wenigen Perlen wenigstens mancherorts die Aufmerksamkeit, die sie zweifellos verdienen.

Donnerstag, 26. Januar 2012

Between Love and Hate.

The Night of the Hunter
Die Nacht des Jägers
(Charles Laughton, 1955)


Bei einem Überfall der zwei Menschenleben fordert erbeutet Ben Harper (Peter Graves) 10.000 $, doch da ihm die Polizei bereits kurz nach seinem Delikt auf den Fersen ist, bleibt es ihm verwehrt, mit der Beute zu fliehen. Er schafft es gerade noch zu seinem Haus und Hof zu gelangen, wo er das Geld an seine kleinen Sprösslinge John (Billy Chapin) und Pearl (Sally Jane Bruce) übergibt und in der Puppe des Mädchens versteckt. Die beiden Kinder schwören niemandem vom Versteck des Geldes zu verraten. Am Ort der Geldübergabe angekommen, nehmen die Polizisten Ben fest, welcher im anschließenden Prozess zum Tode verurteilt wird. Seine Zelle im Gefängnis teilt er sich mit Harry Powell (Robert Mitchum), welcher kurz vor seiner Entlassung steht. Eines nachts beginnt Ben im Schlaf zu reden, und verrät an seinen Zellengenossen, dass er das Geld des Überfalls sicher untergebracht hat, das geheime Versteck behält er dennoch für sich. Als Bens Leben sein verfrühtes Ende erfährt, kommt Harry - mit nichts anderem im Kopf als der versteckten Beute - frei und versucht die Witwe (Shelley Winters) des Hingerichteten zu finden, um von ihr das Geheimnis zu erfahren. Als fanatischer Wanderprediger streift der skrupellose Verbrecher durchs Land auf der Suche nach den 10.000 $, wobei er vor nicht davor zurückschreckt, für sein Vorhaben zu morden.

"The Night of the Hunter" war - basierend auf dem gleichnamigen Roman von David Grubb - der erste und einzige Film unter der Regie des britischen Schauspielers Charles Laughton. Bei der Erstaufführung floppte der Film sowohl bei den Kritikern als auch bei dem Publikum. Erst im Laufe der Zeit erkannte man, dass Laughtons Film ein wesentlich größeres Werk ist, als anfangs gedacht, und dass sich der Einfluss von "The Night of the Hunter" in zahlreichen Film Noirs wiederfindet. Filme wie Orson Welles' "The Trial" oder auch David Lynchs "Blue Velvet" beinhalten klare Anleihen aus "The Night of the Hunter". In gewisser Weise wirkt Laughtons Film ambivalent, wenn man bedenkt, dass manche im Film gezeigten Szenarien sowohl schockierend auf die Zuschauerschaft der damaligen Zeit  wirkte, als auch - aufgrund der zeitweise euphemistischen, Slapstick-artigen Inszenierung - einen belustigenden Aspekt mit sich bringt. Aufgrund dessen mag "The Night of the Hunter" in seinen frühen Jahren wohl nicht den Eindruck hinterlassen haben, den er heutzutage zweifellos in den Herzen vieler Filmliebhaber hinterlässt. Die Zeit und viele Zuschauer waren damals noch nicht reif für einen Film wie diesen, was sich besonders häufig in der Fehlinterpretation der Mise-en-scène und des manchmal auffällig unnaturalistischen Szenenbilds als bizarr und schrullig widerspiegelt. Zieht man jedoch in Betracht, dass Laughton diese Aspekte gewollt in seinen Film hat einfließen lassen, funktioniert sein "The Night of the Hunter" auf einer vollkommen anderen Ebene.

Inspiriert sowohl vom Film noir der damaligen Zeit als auch vom Deutschen Expressionismus der Stummfilm-Ära arbeitet Laughton gezielt mit Licht und Schatten und teils sehr plastischen Szenenbildern und entwirft so eine beinahe mystische Welt im Film. Im Vordergrund steht hier die Unschuld, beziehungsweise die Repräsentation einer unschuldigen, kindlichen Welt. Der Film wird in großen Teilen aus der Sicht der beiden Kinder erzählt, wodurch die Welt und das Geschehen um sie vielfach aus ihrer Sicht gezeigt wird. Die Gewalt wird verharmlost, während die Gefahr spielerisch verarbeitet wird. Laughton hat seine filmischen Mittel keinesfalls stümperhaft eingesetzt, sondern durch gewollte Verfremdung eine magische kleine Welt im Film geschaffen.

"The Night of the Hunter" ist ein Film der Kontraste. Licht und Schatten, Weiß und Schwarz, Gut und Böse, sie alle stehen sich im Film direkt gegenüber. Es gibt keinen fluktuierenden Übergang zwischen ihnen, sie sind Gegenpole - und zwischen ihnen besteht ein Konflikt. Am deutlichsten wird dieses Motiv in den Tattoos Harry Powells verwendet, denn auf seinen Fäusten steht auf der einen Seite "LOVE" und auf der anderen Seite "HATE" geschrieben. Wie ebendiese kontrastierenden Gefühle, scheint auch Harry Powell selbst zwischen zwei Polen hin- und hergerissen zu sein. Besonders die Beleuchtung drückt seine Gefühlszustände aus, wie zum Beispiel die Mordszene beweist, in welcher er im ersten Moment noch abzuschweifen scheint, die Beleuchtung sich jedoch schlagartig ändert und die messerscharfen Schatten, die im Raum auf die Wände fallen als Prophezeiung dessen dienen, was passieren wird. Im Anschluss greift Harry zum Dolch und ersticht eine Dame. Auch in der Kleidung zeigt sich diese Ambivalenz in Harrys Charakter. In diesen Momenten der Unsicherheit trägt er meist sowohl weiße als auch schwarze Kleidung, während das Weiße an sich im Film das Unschuldige zu betonen und das Schwarze für das Böse zu stehen scheint. Doch auch besonders bei der Kleidung findet wiederum eine Interaktion mit Licht und Schatten. Und genau mit diesem Zusammenspiel von hell und dunkel gelingt es "The Night of the Hunter" die Ketten des Naturalistischen - ohne dabei kitschig zu sein - abzulegen und eine kindlich-naive Anschauung der Realität in eindrucksvollen Schwarz-Weiß-Bildern wiederzugeben.

Sonntag, 22. Januar 2012

Es ist vollbracht.

Wie Der Nino aus Wien schon schrieb: Es geht immer ums vollenden.

Meine erste filmtheoretische Arbeit ist nun nach etwa sechs Monaten endlich vollendet. Es handelt sich um eine 40-seitige Analyse und Interpretation von David Lynchs "Eraserhead" in englischer Sprache, die ich als Teil meiner anstehenden Matura im Juni 2012 zu verfassen hatte. Da somit eine ungeheure Last von meinen Schultern gefallen ist, und ich einen unbeschreiblichen Berg an Stress hiermit abgearbeitet habe, bin ich fortan wieder fähig, mehr Beiträge hier zu verfassen und zu veröffentlichen.
Ich möchte allen danken, die mir treu geblieben sind, und noch heute gewillt sind die Beiträge hier zu lesen und ihre persönliche Meinung kund zu tun. Vielen Dank!

Ich werde mich hier die nächsten Tage mit meiner ersten kleinen Rezension zurückmelden.

Samstag, 5. November 2011

Inescapability.

Melancholia
(Lars von Trier, 2011)

Aufgrund einer nicht ganz unproblematischen Anreise erscheinen Justine (Kirsten Dunst) und Michael (Alexander Skarsgård) zu spät zu ihrer eigenen Hochzeit. Justines Schwester Claire (Charlotte Gainsbourg), welche maßgeblich an der Planung der Heirat beteiligt ist und dafür gar das Schloss ihres Mannes John (Kiefer Sutherland) zur Verfügung gestellt bekommen hat, ist bei ihrer überfälligen Ankunft stark gereizt und versucht die Prozedur etwas zu beschleunigen. Obwohl Justine mit ihrem Verlobten glücklich wirkt, scheint etwas mit ihr nicht zu stimmen. Sie agiert abweisend, verschließt sich sowohl vor ihrer Verwandtschaft als auch vor ihrem Mann, wodurch der Abend zum Desaster wird. Sie beginnt einen Streit mit ihrem Arbeitgeber, welcher ebenfalls aus der Festlichkeit anwesend ist, und verliert letztlich gar ihren Job. Die geschiedenen Brauteltern tragen ihren Beitrag zur vermasselten Heirat bei, sie führen ihren Ehekrieg vor den Gästen weiter, während John mit Ärger auf die nach Außen unbegründet wirkende Unentschlossenheit seiner Schwägerin reagiert. Die Hochzeit wird zum Reinfall, die Vermählung findet letztlich nicht mehr statt, da sich Michael - wie er Justine erklärt - eine Ehe nicht mehr vorstellen könne. Niemand kann sich anfangs Justines emotionalen Umschwung erklären, einzig der ungewöhnlich hell strahlende Antares im Sternbild des Skorpion fällt als Anomalie auf, die Justines Aufmerksamkeit während des gesamten Abends auf sich zieht und sie scheinbar in ihrem Handeln beeinflusst.

Lars von Trier gelingt es stets eindrucksvoll für Furore zu sorgen, jedoch nicht immer nur cineastisch, wie man spätestens seit seinen Aussagen während der Filmfestspiele von Cannes weiß. Doch abseits seiner umstrittenen Persönlichkeit steht außer Frage, dass sein Werk und dessen Einfluss auf den Film der letzten Jahrzehnte bedeutend ist. Spätestens durch die Mitbegründung des Dogma 95-Manifests, welches bestrebt ist den Realismus im Film stärker zu betonen, zeigte sich sein Einfluss, obgleich er bereits zuvor mit Filmen wie "Element of Crime" (1984) und "Europa" (1991) die Aufmerksamkeit der Kritiker gewonnen hatte. Zum "Enfant terrible" des Kinos wurde Lars von Trier Ende der 90er, als er mit dem graphisch äußerst expliziten "Idioten" (1998) erstmals für einen Skandal sorgte. Fortan sorgte von Trier stets für aufsehenerregende Filme, zuletzt 2009 mit "Antichrist".

"Melancholia" lässt sich innerhalb der von Trier'schen Filmographie fraglos am besten mit "Antichrist" vergleichen, da sich die beiden Filme besonders in puncto Gliederung, Struktur, aber auch bezüglich der Bildsprache sehr ähnlich sind. Auch die Tatsache, dass sich die Handlung in "Melancholia" trotz des opulenten Szenarios auf das Schicksal weniger Menschen begrenzt, trägt Parallelen mit sich, deren Ursprung wohl in von Triers Depressionen wurzeln. Bereits vor der Veröffentlichung der beiden Filme habe der Regisseur unter der Krankheit gelitten, welche er nun in Form seiner Werke zu verarbeiten versuche, so von Trier. Die Depression und Melancholie war schon in "Antichrist" in der Rolle von Charlotte Gainsbourg ein fokaler Punkt, in "Melancholia" findet sich das Motiv nun wesentlich offensichtlicher und in mehrfacher Ausführung wieder.

Wie schon in seinem vorherigen Film verabschiedet von Trier auch bei "Melancholia" im Prolog die Grundsätze der Dogma-Bewegung und inszeniert eine ambige, traumähnliche, ja gar surreale Einleitung zu den wesentlich konventionelleren, anschließenden Teilen, in denen die beiden Hauptdarstellerinnen, Kirsten Dunst und Charlotte Gainsbourg, groß aufspielen dürfen. Doch auch in diesen Teilen spart von Trier nicht mit Metaphern. Besonders die Bezüge zur Malerei lassen großen Raum für Interpretation, so finden sich neben Bezügen zu Albert Dürers "Melencolia I" auch John Everett Millais' "Ophelia" und "Die Jäger im Schnee" von Pieter Bruegel dem Älteren im Film wieder. Um eine Bedeutungsebene wird "Melancholia" auch durch Richard Wagners "Tristan und Isolde" im Soundtrack erweitert, doch alles in allem wirkt der Film dadurch zu überladen. "Melancholia" versucht versteift opulent, üppig zu sein, schießt jedoch stellenweise am Ziel vorbei und wirkt viel eher prätentiös. Auch wenn von Trier es abermals gelingt über einige Passagen eine gewaltige Spannung mit unkonventionellen Mitteln aufzubauen und optisch Eindrucksvolles auf die Leinwand zu bannen, so trivial wirkt gleichzeitig das - im Kino zugegebenermaßen visuell umwerfende - Ende, wenn man es nicht wörtlich nimmt - und darum geht es doch schließlich bei Lars von Trier.